17.12.2017, 22:56 Uhr

Zu Vorsicht und Voraussicht beim Haushalt
Gemeinderatskolumne

Wie es seit vielen Jahren Brauch ist, wird am kommenden Montag, in der letzten Sitzung des Gemeinderates, der Oberbürgermeister den Haushaltsentwurf für das kommende Jahr einbringen. Der Haushalt, das ist die in Zahlenkolonnen formulierte Vision für die Weiterentwicklung der Stadt. Hier legen Stadtverwaltung und Gemeinderat fest, wie die Aufgaben der Stadt im nächsten Jahr finanziert werden sollen. Und weil für Dinge, die im Haushaltsplan nicht vorgesehen sind, grundsätzlich auch kein Geld da sein wird, darf im Plan nicht fehlen, was wichtig ist.

Das geht tief ins Detail. 100 € für den Einkauf von Ausstattungsgegenständen im Rechnungsprüfungsamt, 8.000 € pro Jahr für die Anschaffung von Medientechnik und Smartphones für die Jugendpflege und 1.000 € für Spezialpapier im Archiv, das wird uns auf über 500 Seiten vorgelegt, und in den folgenden Wochen muss das gelesen und verstanden werden. Eine Mammutaufgabe für uns ehrenamtliche Gemeinderäte! Doch das vornehmste Recht eines jeden Parlaments ist das Etatrecht. Kein Oberbürgermeister kann städtisches Geld ausgeben, wenn der Gemeinderat es nicht vorher beschlossen hat.

Nun sind auch wir Gemeinderäte nicht völlig frei in unseren Entscheidungen, was das Geld angeht. Viele Dinge sind festgelegt - die Gehälter der städtischen Mitarbeiter im Tarifrecht, die Kreisabgabe durch den Beschluss des Kreistages, viele Bauausgaben durch vorher gefasste Beschlüsse. Auch, wie viel Geld wir zur Verfügung haben werden, wird im Haushaltsplan beschlossen. Allerdings, das vergessen wir manchmal im Eifer der Beratungen: das sind intelligente Schätzungen, nicht mehr. Und interessanterweise sind die Spielräume bei den Einnahmen oft größer als bei vielen Ausgabenpositionen.

Natürlich können wir uns die Einnahmen des städtischen Haushalts, beispielsweise bei den Gewerbesteuern, nicht beliebig schönrechnen. Doch die Erträge der letzten Jahre sind bekannt, ebenso wie die allgemeine Wirtschaftsentwicklung im vergangenen Jahr. Also können wir, wenn auch nicht auf 100 € genau, abschätzen, wie viel im nächsten Jahr höchstwahrscheinlich in die Kasse kommen wird.

Und genau hier wird es spannend. Jeder, der verantwortlich rechnet, wird aus Vorsicht lieber etwas niedrigere Zahlen bei den Einnahmen einstellen, um nicht am Ende des Jahres mit leeren Taschen da zu stehen. Die Stadtverwaltung hält sich strikt an diesen Grundsatz und hat beispielsweise die Gewerbesteuer-Einnahmen in den letzten 10 Jahren nur einmal um 240.000 € zu hoch geschätzt - das war 2007, doch damals hat die Wirtschaftskrise alle Experten überrascht. In 9 der 10 Jahre seit 2007 jedoch war das reale Gewerbesteueraufkommen deutlich höher als im Planansatz der Stadtverwaltung - im Durchschnitt um 1,2 Millionen €. Und das war bei vielen anderen Einnahmen der Stadt ebenso.

Auch im Rechnungsabschluss für das Vorjahr, den wir am kommenden Montag präsentiert bekommen werden, ist das zu sehen. Weil die Einnahmen höher sind als geplant, schließt die Stadt auch in 2016 mit einem Überschuss ab. Wer nun aber die Vorsicht der Stadt lobt und sich jedes Jahr aufs Neue an den Mehreinnahmen erfreut, übersieht ein Detail: viele Ausgaben für nützliche und wünschenswerte Dinge können Jahr für Jahr nicht in den Haushalt aufgenommen werden, weil wegen zu niedrig geschätzter Einnahmen kein Geld dafür zur Verfügung zu stehen scheint. Und damit schränken wir unseren Gestaltungsspielraum unnötig ein.

Deshalb kämpft die CDU-Fraktion seit Jahren in den Haushaltsberatungen um eine realistischere Einschätzung der städtischen Einnahmen. Und in den letzten Jahren haben viele Gemeinderäte der anderen Fraktionen diese Sichtweise übernommen. Das ist nicht leichtsinnig - auch wir Gemeinderäte wissen um unsere Verantwortung für das wirtschaftliche Wohlergehen der Stadt. So waren unsere Korrekturvorschläge bisher stets moderat und verantwortlich. Im Rechnungsabschluss für 2016 kann das nachgelesen werden: Der Planansatz für die Gewerbesteuer war von der Stadtverwaltung auf 5,5 Millionen € angesetzt und wurde auf unsere Initiative dann mit 5,75 Millionen beschlossen. Das Rechnungsergebnis lag am Ende aber nochmals eine Million € höher. Damit bewegte sich auch der vom Gemeinderat beschlossene höhere Planansatz immer noch weit unterhalb des tatsächlichen Rechnungsergebnisses. Aber die Fraktionen hatten 250.000 € mehr zur Verfügung, um Dinge zu realisieren, die aus Sicht der Bürger nützlich und wünschenswert waren.

Im Haushaltsentwurf, der am Montag vorgelegt wird, ist ein vorläufiger Rückblick auf 2017 enthalten, der zeigen wird, ob wir auch für dieses Jahr richtig gelegen haben. Wenn ja, dann darf unsere Devise beim Haushalt für 2018 erneut sein: Vorsicht ist gut, Voraussicht ist besser.

Für die CDU-Fraktion im Gemeinderat
Dr. Andreas Gammel

 


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